Eine Familie im Homeoffice | Geschichten schreiben zum Klassenchat

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Eine Familie im Homeoffice | Geschichten schreiben zum Klassenchat

Klassenchat Ganz analog: so beschäftigt sich unsere Autorin mit dem Thema "toxische Klassenchats". Die Kinder werden so zum lösungsorientierten Denken angeregt.

Aktion 5: Geschichten schreiben zum Klassenchat

Ich bin mit meinem Sohn auf der Straße und spiele Softball. So konzentriert auf einander sind wir sonst selten. Trotz der etwa 8 Meter, die uns beim Spielen trennen, führen wir bei diesem Spiel immer wieder gute Gespräche.

Im Kassenchat läuft nicht alles rund

„Du, Mama, ich hab‘ dir das neulich nicht erzählt … Ich fand das irgendwie peinlich…“ Er macht eine kurze Denkpause und haut kräftig auf den Ball. Nach kurzem Zögern erzählt er mir, dass sein Klassenchat im letzten Herbst – er ist jetzt in der 5. Klasse – richtig gut gestartet ist. Endlich konnten er und seine Freunde die nagelneuen Handys ausprobieren und hatten auch gleich einige Klassenkameraden, die sich am Chat beteiligten. Das hat Spaß gemacht. Inzwischen gibt es aber große Probleme im Klassenchat. Er kommt ins Reden: „Wenn meine Medienzeit abgelaufen ist, sammeln sich manchmal über 300 neue Nachrichten, meistens ist es nur unwichtiges Zeug. Und wenn ich dann wieder ans Handy darf, lese ich erst die Nachrichten – ich will ja nichts verpassen! Bin ich mit dem Lesen endlich fertig, ist meine Handyzeit schon fast wieder rum.“ Er sieht mich mit Dackelaugen an und hofft vermutlich, dass er nun mehr Handyzeit bekommt.

Bislang hatte nur meine Tochter mir von Ihren Erfahrungen im Klassenchat berichtet. Endlich wird auch mein Sohn bei dem Thema offener. „Schön, dass ich dir das nicht alles aus der Nase ziehen muss“, lobe ich ihn und lasse ihn beim nächsten Aufschlag gewinnen. „Wir sehen uns das nachher genauer an und suchen gemeinsam eine Lösung!“

Die Probleme sind oft ähnlich

Probleme mit Klassenchats passen hervorragend zu unseren Medienkompetenzwochen und ich überlege mir, wie man das Thema kindgerecht bearbeiten kann. Bei meiner Netzrecherche stoße auf die Seite von klicksafe. In einer Unterrichtsidee für Lehrer sind die häufigsten Probleme zusammengefasst, mit denen Kinder in ihren Klassenchats zu kämpfen haben:

  • Überforderung durch zu viele Nachrichten
  • Lästern und Beleidigen in der Klassengruppe
  • Streit in der Klassengruppe
  • Kettenbriefe
  • Bilder von Anderen versenden

Das passt inhaltlich genau zu dem, was meine beiden Sprösslinge angedeutet haben. Ein so komplexes Thema wie Klassenchats würde ich am liebsten in eine Kreative-Aufgabe einbetten – möglichst ohne großem Schnickschnack, damit die Kinder zum Reden kommen. Mir kommt eine Idee, die an den Deutschunterricht angelehnt ist: wir werden gemeinsam ein Klassenchat-Heft anlegen!

Über Veränderung schreiben macht schon eine Veränderung

Jedem Problempunkt widme ich zwei Doppelseiten. Auf die erste der beiden Doppelseiten schreibe ich jeweils einen inhaltlichen Punkt als Überschrift. Auf der gleichen Doppelseite schaffe ich Platz für den Input meiner Kinder: Für echte Beispiele aus ihren Chats, für ihre Vorstellung, warum es Probleme gibt und für Lösungsvorschläge, was man dagegen tun könnte.

Mit dieser Struktur machen wir uns ans Werk. Nach und nach sprechen wir die einzelnen Punkte durch und füllen die Heftseiten mit Erfahrungen und Vorschlägen. Im Klassenchat meiner Tochter geht manchmal rabiat zu, meinen Sohn stören eher die vielen unnützen Nachrichten. Aber beide wirken nicht hilflos und haben schon Ideen, was man tun kann. Darauf kann man aufbauen!

Im zweiten Teil sollen beide aus ihren Erfahrungen eine fiktive Geschichte entwickeln. Einzige  Vorgabe: Jede Geschichte bekommt ein Happy End verpasst!

Zwei Klassenchat-Geschichten mit gutem Ende

Mein Sohn schreibt eine Geschichte über den zwölfjährigen Benedikt, der ständig am Handy hängt und versucht, die unzähligen Nachrichten zu verfolgen. Immer hat er Angst, etwas zu verpassen. Er bekommt täglich starke Kopfschmerzen und auch seine Schulnoten verschlechtern sich, weil er sich kaum noch konzentrieren kann. Eines Tages erfährt ein Freund von seinem Problem. Beide Jungs sprechen erst mit der Klassenlehrerin und dann mit der ganzen Klasse. Die meisten Schülerinnen und Schüler sind von die vielen Nachrichten genervt. Sie stellen eine gemeinsame Regel auf: Der Chat wird nur noch für wichtige Nachrichten genutzt. Das Happy End: Benedikt und sein Freund spielen nachmittags zusammen Fußball. Die Handys haben sie zu Hause gelassen.

Meine Tochter schreibt über ein Clara, die neu in der Klasse ist und im Chat wüst beschimpft wird. In der Schule redet keiner mit ihr. Clara bekommt Bauchschmerzen und möchte nicht mehr zur Schule gehen. Nicht einmal ihre Familie versteht, was mit ihr los ist. Eines Tages nimmt Clara ihren ganzen Mut zusammen und spricht mit der Schulsozialarbeiterin. Diese spricht auch mit anderen Kindern der Klasse und schafft es, Gerüchte und Unklarheiten aufzudecken. Das Happy End: Einige Mitschüler entschuldigen sich. Die Situation beruhigt sich und Clara findet nach und nach neue Freunde und geht wieder gerne zur Schule.

Probleme angehen

Die Geschichten zeigen Wege auf, wie man echte Probleme angehen kann. Natürlich wird es nicht immer so rund laufen. Aber beide Kinder haben sich beim Schreiben ausgiebig mit ihrem Thema beschäftigt. So gestärkt sehen sie hoffentlich beim nächsten Stolperstein auch einen Ausweg. Mit Freunden, Eltern, Lehrern oder Sozialarbeitern zu sprechen, ist meist ein guter Anfang – das wissen sie jetzt.

Ich habe auch meine Lektion gelernt und verstanden, dass der Klassenchat meinen Kindern sehr wichtig ist und als Kommunikationsmittel alternativlos ist. Nicht mitmachen ist keine Option. Dennoch gibt es immer wieder Schwierigkeiten, mit denen sie Stück für Stück lernen umzugehen.

Ein Thema für den Elternabend

Ich nehme mir vor, die Probleme des Klassenchats beim nächsten Elternabend anzusprechen. Bestimmt haben nicht nur meine Kinder schlechte Erfahrungen gemacht. Eltern, die sich der Probleme bewusst sind, können ihre Kinder besser unterstützen: Und mit klaren Regeln, die von Schülern für Schüler entwickelt werden, kann das Miteinander verbessert werden. Das gilt für die digitale Welt genauso wie für das reale Umfeld.

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Die Autorin ist Pädagogin, Mitarbeiterin am Landesmedienzentrum Baden-Württemberg und Mutter zweier Kinder.

Schulschließung und Homeoffice – Medienbildung in der Familie

Seit der Corona-Epidemie ist unsere ganze Familie ständig online: Papa im Homeoffice, Hausaufgaben per Mail und ich texte diesen Artikel gerade in die Cloud. Und nach den Hausaufgaben immer die gleichen Fragen nach Handy und Tablet. Wie können wir es dabei schaffen, ein gesundes Medienverhalten beizubehalten? Als Lehrerin und Mutter zweier Kinder mache ich mir Gedanken, wie das gelingen kann. Trotz Corona-Blues und Kontaktsperren werde ich daher ab sofort meine privaten Medienkompetenzwochen auf die Beine stellen. Ich werde ausprobieren, wie man mit einfachen Mitteln die eigene Medienkompetenz und die von Kindern fördern kann.