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Thomas Feibels ziemlich beste Tipps für Smartphone-gestresste Eltern
Wer Eltern zuhört, weiß, dass Streitereien wegen Smartphones und Tablets in Familien an der Tagesordnung sind. Thomas Feibel ist selber Vater von vier Kindern, jahrzehntelang als Medienexperte unterwegs – u. a. für die Initiative Kindermedienland. Sein neustes Buch richtet sich an ratsuchende Eltern, deren Kinder demnächst ein Smartphone bekommen sollen oder deren Kinder bereits Probleme mit der Mediennutzung haben.
In seinem Buch holt er zum Rund-um-Schlag aus. Es bietet nicht nur Tipps für Eltern mit Handy-fixierten Kindern, sondern eine Menge Tipps für Eltern, die selber das Smartphone nicht aus der Hand legen können. Diese ausbalancierte Betrachtung des Smartphone-Problems zieht sich wie eine roter Faden durch das ganze Buch. Nicht nur Medienexperten und Jugendmedienschützer kommen in dem Buch zu Wort, sondern auch die Jugendlichen selber. So beruhen die Ratschläge aus dem vorliegenden Buch auf unzähligen Interviews. Thomas Feibel hat Hirnforscher, Psychologen, IT-Experten, Medienpädagogen und Kinderärzte befragt und die Perlen in diesem Buch zusammengefasst. Dazu kommen viele Anekdoten aus seinen eigenen – wenn auch nicht immer vorbildlichen – Erfahrungen als Vater.
Wer sich bereits länger mit dem Thema beschäftigt, kennt bereits einige von Thomas Feibels Empfehlungen: Regeln aufstellen, Vorbild sein, Privatsphären-Einstellungen überprüfen, etc. Das Buch bietet aber noch vieles Neues – auch für Experten. Wir wollen Ihnen die besten Tipps nicht vorenthalten und haben sie zusammengefasst:
1. Das Körbchen (S. 154)
Jedes Familienmitglied legt beim Nachhause-Kommen sein Smartphone in das dafür vorgesehene Körbchen am Eingang. Erst wenn gegessen, im Haushalt geholfen und die Hausaufgaben gemacht wurden, darf das Smartphone wieder zurückgeholt werden.
2. Statt dem Shut-Up-Toy einen Spielekoffer einpacken (S. 88)
Eltern kennen Situationen, in denen Kinder unter Langeweile besonders leiden: bei Restaurantbesuchen, bei Autofahrten etc. Natürlich ist der Griff nach dem Smartphone als Bespaßungs-Werkzeug nur all zu verführerisch. Der Begriff „Shut-Up-Toy“ (Anm. d. Red.: "Klappe-halten-Spielzeug" wäre eine gute Übersetzung) aus dem Anglo-Amerikanischen verdeutlicht die Methode sehr gut. Thomas Feibel warnt aber vor Gewöhungseffekten. Das Kind lerne dadurch keine anderen Alternativen kennen und verlange dann nach dem Smartphone. Der Drang nach Beschäftigung kann durchaus anders gestillt werden: Eltern rät Feibel für solche Situationen immer eine Tasche mit Malstiften, Malpapier und anderen Spielzeugen bereitzuhalten. Diese Herangehensweise empfiehlt er aber nur bei Kindern unter 10 Jahren.
3. Nicht schnüffeln (S. 157)
Thomas Feibel vergleicht ein Smartphone mit einem Tagebuch, in welchem Kinder ihre privaten Geheimnisse aufbewahren. Er räumt ein, dass Eltern mit Beschützerinstinkt sich schwer tun, die Fotos und Kurznachrichten ihrer Kinder nicht anzuschauen. Sie sollten sich jedoch darüber bewusst sein, dass es sich dabei um ein Eindringen in die Privatsphäre handelt, den Kinder nur schwer verzeihen und als Vertrauensbruch ansehen. Wenn Eltern Handys kontrollieren wollen, dann rät Feibel, dass sie das nur mit Zustimmung der Kinder tun.
4. Privatsphäre verstehen lernen (S. 133)
Insbesondere jüngere Kinder laufen Gefahr, in Sozialen Netzwerken zu viel über sich preiszugeben: Alter, Hobbies, Wohnort, Fotos vom Strand usw. Kindern zu vermitteln, was es mit der Privatsphäre auf sich hat, wird angesichts der Rund-um-Digitalisierung immer schwieriger. Thomas Feibel erklärt seinen Lesern an einem ganz praktischen Beispiel, warum Privatsphäre so wichtig ist wie ein Zuhause.
Erwachsene und zunehmend Jugendliche begegnen dem Alltagstress, indem sie in der Schule oder im Job eine Rolle einnehmen – die des professionellen Kollegen oder der freundlichen Schülerin. Sobald man aber nach Hause kommt, legt jeder diese Rolle ab und gibt sich so, wie er ist: genervt, müde oder einfach so wie sich eine Schülerin nach einem Tag in der Ganztagsschule fühlt. Nur ein Zuhause bzw. die Privatsphäre erlaubt einem, zu sein wie man ist. Dies ist ungemein entlastend.
An diesem Beispiel erklärt Thomas Feibel, warum die Privatsphäre so schützenswert ist.
5. WhatsApp-Paten (S. 239)
An Schulen sind WhatsApp-Gruppen gang und gäbe. Hier helfen sich Schüler bei den Hausaufgaben und informieren sich, wenn der Unterricht ausfällt. Leider wird in WhatApp-Gruppen auch gemobbt und es werden nervige Kettenbriefe verschickt. Zur Lösung schlägt Thomas Feibel vor, dass in den Gruppen ältere Schüler – sogennante WhatsApp-Paten – nach dem Rechten schauen. Das Schüler-Medienmentoren-Programm der Initiative Kindermedienland bietet in Baden-Württemberg hierfür einen guten Rahmen.
6. Bei Suchtgefahr: Freunde mit einbeziehen (S. 172)
In seinem Buch interviewt Thomas Feibel Jugendliche zum Thema „Smartphone-Sucht“. Ole, einer der Interviewpartner, rät Gleichaltrigen mit Suchttendenzen, sich Freunden oder Familienmitgliedern anzuvertrauen. Der Freund bekäme dann die Erlaubnis, wenn man digital über die Stränge schlägt, einen darauf aufmerksam zu machen und Alternativen wie einen Spaziergang anzubieten.
7. Unnötige Apps löschen (S. 263)
Wer kennt das nicht? Auf dem Smartphone sammeln sich Unmengen Apps, die man entweder nicht benötigt oder die einem durch ständige Benachrichtigungen die Zeit rauben. In regelmäßigen Abständigen, so empfiehlt Thomas Feibel, sollte man seine Apps durchgehen und die nervigsten Apps löschen. Wem das Löschen der App zu weit geht, könnte zumindest unterbinden, dass sich die App auf dem Sperrbildschirm oder per Benachrichtigungston meldet.
8. Spielerischer Umgang mit Detox-Apps (S. 265)
Mittlerweile existiert eine Reihe von Apps die aufzeichnen, was man wie lange pro Tag alles mit dem Smartphone macht. Weil keiner mit erhobenen Zeigefinger daran erinnert werden möchte, dass er in Suchtgefahr schwebt, bieten sogenannte Detox-Apps zum Teil einen spielerischen Umgang mit dem Thema. Bei der Forest-App wird, solange man nicht ans Smartphone geht, ein digitaler Wald gepflanzt. Offtime und Methal zeichnen auf, wie lange man welche App benutzt. Ein Interview-Partner aus dem Buch hat daraus eine Art Familienspiel konzipiert: Wer am Tagesende die höchsten Zugriffszeiten hat, muss abends den Abwasch oder das Katzenklo machen.
9. Langweilen, um Aufmerksamkeit zu üben (S. 257)
Wir leben in einer Welt mit „permanenter Reizüberflutung“ schreibt Thomas Feibel. Deswegen schlägt er vor, dass Kinder und Erwachsene wieder lernen müssen, sich zu langweilen. In seinem Buch zitiert er Dr. Tomke van der Hooven, für den „Langeweile die Vorstufe von Kreativität“ bedeutet. Durch Langeweile können tolle Gespräche oder steigende Aufmerksamkeit für die Details von Natur und Pflanzenwelt gefördert werden. Deswegen verordnet Thomas Feibel seinen Lesern, am Wochenende sich ruhig mal nichts vorzunehmen. Langeweile auf Rezept sozusagen.
10. Filme drehen und Kinder stärken (S. 227)
Eine Anekdote aus Feibels Familienleben: Aus einem mangels Schnee verkorksten Winterurlaub wurde mithilfe des Tablets und der iMovie-App ein lustiges Filmcamp. Ein Fleck Kirschsaft und zerbrochenes Glas dienten Familie Feibel als Inspiriation für einen Krimithriller mit Laienschauspielern. Unter dem Stichwort „Empowerment“ – neu-deutsch für „stark machen“ zeigt Thomas Feibel anhand dieses Beispiels, was man alles Praktisches mit einem Smartphone oder einem Tablet machen kann. So befreit man Kinder und Jugendliche von der passiven Konsumentenrolle und vermittelt ihnen einen aktiven Umgang mit der Technik. Dadurch lernen sie beherzt und verantwortungsvoll mit den Geräten umzugehen – und ganz nebenbei Film-Lesekompetenzen.
11. Privates und Berufliches nicht vermischen (S. 25, 28)
Insbesondere für jüngere Kinder ist es auf Dauer belastend, wenn sie merken, dass ihre Eltern keine Zeit für sie haben, obwohl sie eigentlich anwesend sind. Das kommt vor allem dann vor, wenn sich bei Eltern Beruf und Familie überschneiden. E-Mails oder Anrufe, die nach Feierabend beantwortet werden müssen, stehen symbolisch für diesen Interessenkonflikt. Wenn Kinder langfristig bei diesem Konflikt den Kürzeren ziehen, flüchten sie in ihre eigene Welt oder suchen über rebellierendes Verhalten die Aufmerksamkeit ihrer Eltern. Autor Thomas Feibel plädiert im seinen Buch dafür, Kinder wahr- und ernst zu nehmen. Dazu gehört es, dass wir Erwachsenen diese sogenannte „Entgrenzung“ zwischen Beruf und Familie wahrnehmen und berufliche Dinge in der Freizeit nur ganz bewusst und reglementiert erledigen.
12. Kinder über Fake-News aufklären (S. 100)
Früher oder später werden Heranwachsende auf Nachrichten stoßen, deren Ursprung eher ein zweifelhafter ist. Sogenannte Fake News können verunsichern, manipulieren oder einfach nur die Zeit rauben. Deswegen sollten Erwachsene ihren Kindern vermitteln, wie man solche Lügengeschichten entlarvt, in dem man verschiedene Quellen prüft und sie in glaubwürdige und unglaubwürdige einordnet. Wie das geht, erfährt man in unserem Fake-News-Special.
Thomas Feibel ist einer der führende Medienexperten in Sachen Kinder und Digitales in Deutschland und leitet das Büro für Kindermedien in Berlin. Als Kinder- und Jugendbuchautor widmet er sich Themen wie Cybermobbing und dem Aufwachsen in der digitalen Welt. Er hält Workshops zum richtigen Medienumgang in Schulen und arbeitet als Journalist u.a. für c't, WDR und Deutschlandradio. Thomas Feibel ist Vater von vier Kindern. „Jetzt pack doch mal das Handy weg!“ ist erschienen im Verlag Ullstein. Einband Taschenbuch, 272 Seiten, ISBN 978-3-548-37719-3
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