Kindermusik: Warum sie viel besser ist als ihr Ruf

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Kindermusik: Warum sie viel besser ist als ihr Ruf

Kindermusik: Warum sie viel besser ist als ihr Ruf

Dino Metal für die ganze Familie: Die Band Heavysaurus zeigt, wie Kindermusik heute geht. (© Jens Vetter)

Musik ist schon in frühen Jahren ein essentieller Faktor für die emotionale und intellektuelle Bildung. Kinderbands wie Heavysaurus und Deine Freunde zeigen, dass das auch zeitgeistig und mit hohem Unterhaltungswert funktioniert.

Machen wir es kurz: Musik macht intelligenter. Das hat schon vor vielen Jahren eine sechsjährige Langzeitstudie an Berliner Grundschulen gezeigt. Musik rege verschiedene Bereiche des Gehirns an und fördere so die kognitive Entwicklung von Kindern. Die neuronale Vernetzung innerhalb des kindlichen Gehirns wird unterstützt und die Verarbeitung von Informationen dadurch verbessert. Musik macht also nicht nur Spaß, sondern auch schlau.

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    Heavysaurus: Dino Metal für Kinder
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    Hip-Hop in der Weihnachtsbäckerei
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    Wie wirkt Musik auf Kinder?
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    Und auf Erwachsene?

Heavysaurus: Dino Metal für Kinder

Kindermusik war lange, nun ja, kindisch. Das mag auf den ersten Blick nicht verwundern, auf den zweiten gibt es da aber eben einen großen Unterschied zwischen kindisch und kindlich. Kinder wollen auch bei altersgerechter Unterhaltung ernst genommen werden. Das macht die Dino-Metal-Band Heavysaurus exemplarisch vor. Professionelle Musiker in Dino-Kostümen spielen Heavy Metal und Hard Rock für Kinder und liefern eine Liveshow mit handgemachter Musik, Lichtshow und Konfettikanone.

Christof Leim, der Gitarrist hinter dem Drachen Riffi-Raffi, erklärt das Konzept so: „Grundsätzlich stehen Heavysaurus für Freude und Spaß. Was uns bei Heavysaurus besonders erfreut ist, dass wir Kindern das Kulturgut Livekonzert näherbringen können.“ Natürlich sind die Konzerte eher am Nachmittag und weder so lang noch so laut wie ein „richtiges“ Metal-Spektakel; der Rest, der ist aber wie bei den Großen. „Unsere Botschaften sind universell: Es geht um Zusammenhalt, um Freundschaft. Egal, ob groß, klein, grün, gelb, alt, jung“, so Leim. Gleichzeitig setzen sie sich als offizielle Arche-Botschafter für mehr Kindeswohl ein und sammeln bei ihren Konzerten Spenden.

Kinder, die ein Heavysaurus-Konzert besuchen, lernen also essentielle Dinge: Musik wird live gespielt, sie bringt unheimlich viel Spaß und macht fit für den Alltag. „Musik kann stärken, wenn sie positive Botschaften transportiert“, nickt Leim, der selbst Vater einer Tochter ist. „Außerdem sorgt sie für ein Zusammengehörigkeitsgefühl. Begeisterung für ein Medium bringt zudem immer eine Auseinandersetzung mit diesem Medium mit sich. Das ist in diesem Fall Musik, insbesondere Livemusik.“ Medienbildung durch einen Konzertbesuch, der die Kids begeistert – eine klassische Win-Win-Situation.

Hip-Hop in der Weihnachtsbäckerei

Vielleicht sind Heavysaurus derzeit die prominentesten Vertreter in Sachen Kindermusik; aber gewiss nicht die einzigen. In der Adventszeit führt natürlich kein Weg an Urgestein Rolf Zuckowski vorbei. Doch was man auch nach all den Jahren nicht vergessen darf: Jedes Lied, das ein Kind singt, ist ein gutes Lied – weil Singen die Entwicklung der Kinder fördert. Und da bieten sich nun mal einprägsame Klassiker an. Eine Studie des Canto-Forschungsinstituts ergab, dass Vorschulkinder, die jeden Tag mindestens eine halbe Stunde singen, bei Einschulungstests signifikant besser abschneiden als ihre Altersgenossinnen und Genossen. Denn durch Lieder wird die sprachliche Entwicklung unterstützt und Liedtexte erweitern zudem den Wortschatz. Auch der von „In der Weihnachtsbäckerei“.

Musikwissenschaftler Gunter Kreutz hält Singen zudem für „eine Art Lachen in Zeitlupe“, wie er in einem Interview preisgab. Weiter heißt es: „Mit Gesang lassen sich Kinder an Rituale gewöhnen und Konfliktsituationen entschärfen. Zum Beispiel beim Zähneputzen: Das finden die Kleinen am Anfang spannend, aber dann wird es lästig. Wer da ‚Alle meine Entchen‘ abwandelt zu ‚Alle meine Zähnchen, werden jetzt geputzt‘, macht aus der Pflicht einen kleinen Spaß und belohnt das Kind noch mit besonderer Zuwendung.“

Spaß gibt es auch bei anderen Akteuren der Kindermusik. Deine Freunde zum Beispiel sind die wahrscheinlich erste Hip-Hop-Band für Kinder. Wie Heavysaurus machen sie echte Musik mit kindgerechten Themen. Das SZ-Magazin beschreibt das Trio so: Deine Freunde „verzichten bis heute beim Singen und Rappen auf all das Heititeiti und Dutzidutzi, das Kindermusik oft so doof macht. Stattdessen geht es ums Aufräumen (nervt), Schimpfwörter (hurra!), böse Hausmeister (böse) und Blockflöten (siehe Aufräumen).“ Kein Wunder, dass das auch Erwachsenen gefällt.

Wie wirkt Musik auf Kinder?

Die Auswirkungen von Musik auf Kinder und deren Entwicklung – auch im Mutterleib – sind enorm gründlich untersucht und dokumentiert worden. Herunterbrechen lassen sich die zahlreichen Studien so: Wer Musik hört, ist schlauer. Und wer selbst singt oder Musik macht, hat mehr Empathie. Das kann auch der Neurologe und Direktor des Instituts für Musikphysiologie und Musikermedizin an der Hochschule für Musik, Theater und Medien Hannover (HMTMH), Prof. Dr. med. Eckart Altenmüller bestätigen. „Musizieren fördert die Entwicklung des Gehirns durch Vernetzung und durch die Vergrößerung bestimmter Nervenbahnen“, erklärt er im Ärzteblatt. „Es werden besonders günstige Netzwerke zwischen dem Hören und Bewegen angelegt.“ Musik kann also auch kognitiv fitter machen – und letztlich sogar sportliche Leistungen ankurbeln.

Musik hat aber noch ganz andere Wirkungen auf Kinder. Gerade kleine Kinder finden beispielsweise Halt in ihr. Wenn die Herausforderungen des Alltags an bestimmte musikalische Rituale geknüpft sind, gelingt es den Kleinen deutlich besser, durch den Tag zu kommen. Ein Lied zum Einschlafen schafft Geborgenheit, die Kinder schlafen sogar tiefer. Und das Begrüßungslied im Kindergarten sorgt für Struktur. „So fällt es den Kindern leichter, Regeln zu befolgen“, findet Anna Rüppel von der Fremdsprachen-Ausbildungsstätte Euroakademie.

Das ist noch längst nicht alles: Viele Texte von Kinderliedern sind lehrreich und schaffen es so, beispielsweise Zahlen, Buchstaben oder Farben spielerisch zu vermitteln. Wer Inhalte mit einer Melodie verknüpft, kann sie sich besser einprägen. Selbst wir Erwachsenen können doch bestimmt immer noch alle das ABC in diesem ganz bestimmten Singsang vor uns hinsummen. Das heißt, dass diese Melodien ein Leben lang in unserem Gedächtnis verankert bleiben.

Und auf Erwachsene?

Natürlich spielt Musik auch im Leben von Erwachsenen eine große Rolle. Die kognitive Entwicklung mag bereits abgeschlossen sein; die positiven Effekte der Musik, die betreffen uns aber bis ins hohe Alter. Die Macht der Musik wird von der Hannoverschen so auf den Punkt gebracht: „Sie verändert den Herzschlag, beeinflusst Atemfrequenz und Blutdruck und wirkt sich auf Muskelspannung und Hormonhaushalt aus. So kann Musik beflügeln, glücklich stimmen, beruhigen, entspannen, Erinnerungen wachrufen und sogar Schmerzen lindern.“

Musik macht erwiesenermaßen glücklich – Studien zufolge insbesondere Stücke, deren Lautstärke nach und nach ansteigt. Probieren Sie es gleich mal mit „Peer Gynt“ aus! Zu guter Letzt hält Musik fit und wirkt dahingehend fast wie ein Jungbrunnen. Das trifft insbesondere auf aktiv Musizierende zu: Diverse Gehirnzentren sind aktiv, dazu die Areale für Bewegung und Wahrnehmung. Laut Harvard Medical School soll all das dafür sorgen, dass das Gehirn langsamer altert. Sieht man ja auch bei den Dinos von Heavysaurus: Nach 66 Millionen Jahren sehen die nun wirklich nicht aus.

Wer sich selbst davon überzeugen will, hat bei folgenden Terminen die Gelegenheit:

Deine Freunde:

1. Dezember 2023, Ludwigsburg, MHP Arena

Heavysaurus:

3. Dezember 2023: Heidelberg, Halle02
14. Dezember 2023: Stuttgart, Im Wizeman

Stand: November 2023

Weiterführende Informationen

Über den Autor

Björn Springorum ist freier Journalist und Schriftsteller. Er schreibt u.a. für die Stuttgarter Zeitung, den Tagesspiegel und konzipiert Comic-Geschichten für “Die drei ???". Als Schriftsteller hat er bislang fünf Kinder- und Jugendbücher verfasst. Zuletzt erschienen: “Kinder des Windes" (2020), Thienemann Verlag. Er lebt in Stuttgart.