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Stress im Homeoffice | 7 Tipps, wie Eltern damit umgehen können
Hausaufgabenbetreuung, Mittagessen, Besprechungen mit dem Chef und am besten alles gleichzeitig! Viele Eltern erreichten beim Versuch, es allen recht zu machen, in den letzten Monaten ihre Grenzen. Für Eltern, die sich unter der Doppelbelastung aufreiben, hat Petra Rühle einige Tipps parat. Petra Rühle ist Systemische Beraterin, Gesundheits-Coach und Personalentwicklerin.
2020 und 2021 bedeuteten für viele Eltern eine andauernde Mehrfachbelastung: zeitlich, finanziell und gesundheitlich. Darüber, ständig für Kinder, Partner und Chef abrufbereit zu sein, klagen mittlerweile viele Eltern. Trainerin Petra Rühle, selbst Mutter von zwei, wenn auch mittlerweile erwachsenen Kindern, kann die Probleme aus eigenen Erfahrungen gut nachvollziehen: schwierige Zeiteinteilung, Mittagessen kochen, während die Uhr tickt, Hausaufgabenbetreuung ohne pädagogisches Vorwissen, Gesundheitsprobleme lösen, eine positive Haltung bewahren, auch wenn man am Verzweifeln ist. Und zu guter Letzt: Privat- und Arbeitsleben voneinander trennen, obwohl sich alles in den gleichen vier Wänden gleichzeitig abspielt!
In ihrem ganztägigen Seminar zum Thema „Stärkung von Eltern im Homeoffice“ gibt Trainerin Petra Rühle ihren Teilnehmerinnen und Teilnehmern vielfältige Werkzeuge in die Hand, wie sie mit der doppelten Belastung umgehen können – und wo sie ihre Grenzen setzen müssen. Wir haben ein paar Tipps für unsere Leserinnen und Leser mitnotiert.
- 1Tipp 1: Bilanz erstellen: Was muss ich alles bewältigen, welche Rollen nehme ich ein und wie geht’s mir eigentlich dabei?
- 2Tipp 2: Ziele definieren
- 3Tipp 3: Persönlichen Zeitplan erstellen
- 4Tipp 4: Zeiträuber verstehen und Zeitmangel bekämpfen
- 5Tipp 5: Klar kommunizieren
- 6Tipp 6: Wenn der Familienrat tagt, die ganze Familie mitnehmen
- 7Tipps 7: Selbstfürsorge ernst nehmen
Tipp 1: Bilanz erstellen: Was muss ich alles bewältigen, welche Rollen nehme ich ein und wie geht’s mir eigentlich dabei?
Der Satz des französischen Autors Joseph Joubert „Man durchschneide nicht etwas, was man lösen kann“ wird oft auf komplizierte Beziehungen angewandt. Er lässt sich aber auch auf die Homeoffice-Situation übertragen. Bevor der scheinbare Gordische Knoten des Homeoffice gelöst werden kann, muss er als solcher erstmal wahrgenommen werden. Dazu lohnt es sich, in ruhiger Atmosphäre bei einer Tasse Tee zu notieren, womit man zu kämpfen hat: welche Aufgaben man bewältigen soll, welche Rollen man erfüllt (Arbeit, Familie, Freunde, Nachbar etc.), welche Werte man hat und in welchen Bereichen es besonders oft zu Problemen kommt. Ganz wichtig ist auch die Frage, wie es einem dabei geht – körperlich, aber auch emotional!
Tipp 2: Ziele definieren
Nur wer genau weiß, wo es hakt, kann auch proaktiv an eine Lösung der Probleme gehen. Genau deshalb ist der Schritt so wichtig: aus der Liste der Probleme und Bedürfnisse, klare und realistische Ziele definieren. Für die Formulierung von Zielen hilft die SMART-Methode: Spezifisch, messbar, angemessen, realistisch und terminiert sollten die Ziele sein. Damit vermeidet man, dass die Ziele wirkungslose Neujahrsvorsätze bleiben. Ein Beispiel: Ich werde die nächsten drei Monate, wöchentlich zweimal mit meinem Sohn draußen verbringen und dabei was basteln, kicken oder Fahrrad fahren. Und nicht: Ich möchte mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen.
Tipp 3: Persönlichen Zeitplan erstellen
Hier geht es um die Feinplanung von Tipp 2. So wie im Stundenplan unserer Kinder können wir unsere Wochenzeiten zusammenstellen: Homeoffice-Zeiten, Frühstück, Mittagessen(kochen), Hausaufgaben, Einkauf, Haushalt, Telefonate. Ganz wichtig ist dabei, auch Zeiten für die Selbstvorsorge einzuplanen, z.B. durch Sport, Hobbys oder einfach „Dinge, die einem gut tun“. Bei dem persönlichen Zeitplan merkt man, wo Zeiten kollidieren, wo Zeitpuffer wichtig sind (z.B. zwischen Besprechungen auf der Arbeit und dem Mittagessen-Zubereiten für die Kinder) und wo Zeiten vorab „blockiert“ werden müssen. Je häufiger man diesen Plan anfertigt, umso besser merkt man, wie lange man wirklich für bestimmte Aufgaben benötigt und wo man sich selbst betrügt. Da im Alltag häufig unvorhergesehene Dinge passieren, sollte für jede Aufgabe ein Zeitpuffer eingeplant werden. Ein Beispiel: Statt dem Wocheneinkauf hektische 45 Minuten zu vergeben, besser von 90 Minuten ausgehen, um nicht in Panik zu geraten, wenn der Verkehr zäh fließt.
Tipp 4: Zeiträuber verstehen und Zeitmangel bekämpfen
Da die meisten Eltern unter Zeitmangel leiden, müssen bestimmte Aufgaben priorisiert, delegiert oder sogar gestrichen werden. Um zu priorisieren, hilft die Frage, was dringend ist und was einen Monat liegen bleiben darf, ohne dass es dramatische Folgen hat. Manche Aufgaben eignen sich hervorragend zum Delegieren, wie die Fahrradreparatur oder die Steuererklärung. Andere müssen ersatzlos gestrichen werden. Dazu zählen Zeiträuber, die im Innen oder Außen liegen. Den inneren Zeiträubern (Grübelei, Internet-/Smartphone-Konsum, Unstrukturiertheit) lässt sich nur durch eine veränderte Wahrnehmung und Disziplin beikommen. Ein Beispiel: Wenn Smartphone-Konsum als Ablenkung und Zeiträuber entlarvt wird, verliert es seine Sogwirkung. Äußere Zeitdiebe (Diskussionen, unfruchtbare Gespräche, spontane Absagen) müssen bei den jeweiligen Personen angesprochen und evtl. sanktioniert werden.
Tipp 5: Klar kommunizieren
Viele Konflikte im Homeoffice entstehen dadurch, dass Bedürfnisse, Abmachungen und Ziele nicht klar kommuniziert oder sogar missverständlich geäußert werden. Wer sich einen Spaß machen will, kann eine Audioaufnahme davon machen, wie er seinen Kindern sagt, dass sie vor dem Abendessen die Hände waschen sollen, oder davon, dass der Partner einen beim Haushalt unterstützen soll. Schnell wird klar, dass wir uns nicht immer klar ausdrücken und „um den heißen Brei herumreden“. Wer verstanden werden will, sollte eine Ich-Botschaft, die Sache, eine Beziehungsbotschaft (Du-Botschaft) sowie einen direkten Appell kommunizieren. Ein Beispiel: „Ich bin total genervt. Die Zeit am Abend reicht nicht, um das Mittagessen vorzukochen. Du kochst doch auch immer so lecker. Bitte unterstütze mich dabei!“ Bei anderen Themen, die komplexer sind, hilft es, bestimmte Pläne, Regeln und Bedürfnisse aufzuschreiben und für alle sichtbar aufzuhängen, z.B. den Kochplan für die Woche, einen Mediennutzungsvertrag oder die Regeln für ein friedliches Familienklima („Wir sagen Bitte und Danke. Wir schauen nicht aufs Handy, wenn wir miteinander sprechen etc.“).
Tipp 6: Wenn der Familienrat tagt, die ganze Familie mitnehmen
Bedürfnisse erfüllen, Zeitpläne einhalten oder Regeln festlegen funktionieren nur, wenn alle Familienmitglieder einbezogen werden und hinter den Zielen stehen. Um Einheit zu fördern, können alle Familien-relevanten Themen im Familienrat bzw. bei regelmäßigen Familienkonferenzen besprochen werden: Aufräumen, Essensplan, Medienzeiten, Urlaubsplanung oder Zubettgehen. Jeder darf zu dem Thema seine Meinung äußern, jeder bekommt die gleiche Redezeit. Damit der Familienrat funktioniert, sollte jeweils ein Gastgeber den Rat einberufen und evtl. den Tisch vorbereiten, einer als Moderator die Redezeiten kontrollieren und ein Dritter die Entscheidungen und Meinungen protokollieren. Damit es nicht langweilig ist, kann man die Rollen jedes Mal tauschen.
Tipps 7: Selbstfürsorge ernst nehmen
Viele Eltern, die perfekt planen, alle To-dos unterkriegen und sich auf ihre Ziele fokussieren, zahlen oftmals einen hohen Preis: die fehlende Selbstfürsorge. Nur wer sich selbst versorgen und führen kann, schafft das auch für seine Familienmitglieder! Gute Ernährung, ausreichend Schlaf, regelmäßig Sport, Zeit zum Abschalten, gesunde soziale Beziehungen – welche Bereiche sind noch ausbaufähig? Denn nur wer gut gestärkt ist, kann die Herausforderungen des Alltags bewältigen! Auch für die Selbstfürsorge lohnt es sich, klare Ziele zu formulieren (Tipp 2) und sie in den Alltagsablauf einzubauen (Tipp 3).
Wer sich für Workshops und Coaching zu den Themen Zeit- und Selbstmanagement, Zieldefinition oder Kommunikation interessiert, ist bei Petra Rühle (www.ruehle-coaching-training.de) gut aufgehoben. Eltern, die sich über Medienzeiten, Smartphone-Regeln oder Mediennutzungsverträge informieren wollen haben, legen wir die folgenden Seiten ans Herz:
Was wollen Eltern wissen? Die 10 häufigsten Fragen bei der medienpädagogischen Beratungsstelle
Medienzeiten: Warum, wie lange Ihr Kind mit dem Handy spielt, nicht die wichtigste Frage ist
Stand: Juli 2021