Silver Surfer: Wie sich Seniorinnen und Senioren im Netz zurechtfinden

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Silver Surfer: Wie sich Seniorinnen und Senioren im Netz zurechtfinden

Silver Surfer: Wie sich Seniorinnen und Senioren im Netz zurechtfinden

Auch viele Seniorinnen und Senioren nutzen das Internet. Dabei gibt es diverse Stolperfallen und Unsicherheiten.

81 Prozent der Menschen ab 60 Jahren sind in Deutschland zumindest selten online. Danach nehmen die Zahlen rapide ab. Woran liegt das? Und wie kann der Zugang zum Netz auch für ältere Nutzer niederschwellig und verständlich möglich gemacht werden?

Für die meisten von uns gehört das Internet zum Alltag. E-Mails, soziale Medien, Chats, Shopping, Banking, Reisen buchen: Insbesondere jüngere Menschen erledigen heute so gut wie alles mit Tablet oder Smartphone. Mit der Coronapandemie wuchs auch der Anteil der sogenannten „Silver Surfer“ an den Netznutzern. Viele trauen sich den Einstieg ins Internet aber eben immer noch nicht zu und sind von den Risiken, Gefahren oder der puren Unübersichtlichkeit abgeschreckt. Das muss nicht sein.

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    Zahlen, Daten, Fakten: Seniorinnen und Senioren im Netz
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    Herausforderungen: Warum der digitale Zugang für ältere Menschen erschwert ist
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    Hilfestellungen: Was den Einstieg in die Netzwelt erleichtern kann
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    Vorgestellt: Das Senioren-Medienmentoren-Programm
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    Studie: Wie die Silver Surfer das Netz nutzen

Zahlen, Daten, Fakten: Seniorinnen und Senioren im Netz

Die SIM-Studie 2021 (Seniorinnen und Senioren, Information, Medien) hat 3.005 Personen ab 60 Jahren in Deutschland telefonisch zu ihrer Mediennutzung befragt. Die Ergebnisse zeigen ein großes Interesse am Netz: 81 Prozent der Personen ab 60 Jahren sind zumindest gelegentlich online. Danach nehmen diese Zahlen rapide ab: Bei den Personen ab 80 Jahren sind rund 50 Prozent online, in der Altersgruppe ab 85 Jahren sind dann schon knapp zwei Drittel nicht oder nicht mehr selbstständig in der digitalen Welt unterwegs.

„Bei den Seniorinnen und Senioren besteht großes Interesse an Internetnutzung", so Lukas Schega vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg (LMZ). „Durch die Pandemie wurde das beschleunigt, weil nach Möglichkeiten der Kommunikation gesucht wurde. Viele standen vor dem Problem, dass die Kinder oder Enkel in einer anderen Stadt wohnen und man sich nicht mehr besuchen konnte. Also haben sich viele ältere Menschen mit Videotelefonie auseinandergesetzt, die das sonst vielleicht nicht getan hätten."

Herausforderungen: Warum der digitale Zugang für ältere Menschen erschwert ist

Woran liegt es eigentlich, wenn Seniorinnen und Senioren einen Bogen um das World Wide Web machen? Einerseits ist fehlender Bedarf ein Grund, sagt die Studie, aber eben auch Sicherheitsfragen und mangelnde Unterstützung. Immerhin 40 Prozent der Menschen, die das Internet gar nicht nutzen, trauen sich die Nutzung schlichtweg nicht zu. Dabei besteht ein großes Interesse an Bildungsangeboten.

Dazu sagt Lukas Schega: „Die Medien tragen eine gewisse Mitschuld daran. Sie sprechen häufig von den vielen Gefahren, denen man im Internet ausgesetzt ist. Wir Menschen sind nun mal so programmiert, dass wir auf Gefahren schneller reagieren, also setzen sich diese Meldungen eher fest als positive.“ Spam-Mails, unseriöse Angebote, Passwort-Phishing und Risiken beim Online-Banking sind alles legitime Gründe, der Internetnutzung skeptisch gegenüberzustehen. Doch im Grunde ist es ja wie mit allen anderen Ängsten auch: Sobald man sich mit etwas auseinandersetzt, verliert man seine Scheu davor.

 

Hilfestellungen: Was den Einstieg in die Netzwelt erleichtern kann

Zahlreiche Angebote wollen Seniorinnen und Senioren den Einstieg in die weite Welt des Internets erleichtern. Neben den klassischen Kursen an der örtlichen VHS gibt es auch immer mehr Broschüren oder digitale Angebote, die die Scheu vor dem Netz mit verständlichen Ausführungen Schritt für Schritt nehmen können.

Ganz vorn dabei rangiert die neue Broschüre „Treffpunkt Internet“ vom Landesmedienzentrum Baden-Württemberg. Als „Broschüre, die zeigt, dass man nie zu alt ist, um etwas Neues zu lernen“, bietet sie den perfekten Einstieg in die digitale Welt – angefangen ganz vorn mit der Frage, wie man überhaupt ins Internet kommt, bis hin zur Sicherheit beim Online-Banking. Selbst Detailfragen werden klar verständlich beantwortet.

Wer schon einen Schritt weiter ist, kann die Lern-App „Starthilfe – digital dabei“ der Landesanstalt für Kommunikation (LFK) nutzen. Sie wurde speziell entwickelt für all jene, die bislang noch nie ein Smartphone und Tablet in der Hand gehalten haben, sich bei der Bedienung der Geräte noch nicht ganz sicher fühlen oder die ein neues Gerät Schritt für Schritt kennenlernen wollen – in einem geschützten Raum, in dem man in aller Ruhe üben kann, bis man sich sicherer fühlt.
 

Vorgestellt: Das Senioren-Medienmentoren-Programm

Noch besser gelingt der Einstieg ins Netz wahrscheinlich an der Seite von Mentorinnen oder Mentoren. Deshalb hat das Landesmedienzentrum das Senioren-Medienmentoren-Programm ins Leben gerufen, an dem sich schon mehr als 300 Mentorinnen und Mentoren aktiv beteiligen. „Wir bilden Senioren mit Medieninteresse aus“, erklärt Lukas Schega vom LMZ. „Vielleicht hatten sie in ihrem Berufsleben schon Kontakt mit Medien, vielleicht aber auch nicht. Das ist nicht so wichtig, es geht lediglich um ein Interesse. Wir wollen diese Menschen ermutigen, ihr Interesse und Wissen an andere Senioren weiterzugeben – auf Augenhöhe. Für uns sind das klassische Multiplikatoren.“

Interessierte können sich beim LMZ melden und werden dann als Mentorinnen und Mentoren ausgebildet. „Die Fortbildung nimmt insgesamt etwa zehn Stunden in Anspruch und beinhaltet die sichere Nutzung des Internets, Fragen nach Datenschutz, Kommunikation, Unterhaltung, Recherche.“, so Schega. „Wir wollen, dass die Seniorinnen und Senioren das Internet nicht einfach nur anwenden, sondern selbst Lösungsstrategien entwickeln.“ Das kann bei speziellen Veranstaltungen sein oder auch einfach im eigenen Kegelclub.

Das Programm läuft gut, der Peer-to-Peer-Ansatz kommt an, die Teilnehmenden fühlen sich gut aufgehoben und ernst genommen. Dennoch betont Lukas Schega: „Es bräuchte definitiv mehr Mentorinnen und Mentoren. Wir haben aktuell zwar bereits über 300, doch damit ist es noch nicht getan. Baden-Württemberg hat sehr dezentrale Strukturen. In vielen Bereichen gibt es noch sehr viel zu tun - gerade im Bereich digitaler Gesundheitsanwendungen und dem zunehmenden Ärztemangel.“
 

Studie: Wie die Silver Surfer das Netz nutzen

Personen ab 60 Jahren, so die SIM-Studie, nutzen das Internet vor allem für Kommunikation und Information. 81 Prozent der Surferinnen und Surfer nutzen mindestens einmal in der Woche Suchmaschinen. Sehr beliebt sind auch WhatsApp oder andere Dienste für Kurznachrichten: Drei Viertel aller Userinnen und User nutzen Kurznachrichtendienste. 70 Prozent schreiben oder empfangen E-Mails, 68 Prozent lesen Nachrichten im Netz. Auch auffällig: 73 Prozent nutzen keine Sozialen Netzwerke und immerhin 21 Prozent bestellen mindestens einmal pro Woche über das Internet.

Mehr und mehr Apps werden zudem speziell für ältere Nutzerinnen und Nutzer optimiert: „Eldertech“ etwa ist ein digitaler Alltagshelfer, „Brainmee“ hält die grauen Zellen durch ganzheitlich aktivierendes Training fit. Eine Kluft scheint laut Studie unüberbrückbar: Je höher der Bildungsgrad, desto eher wird das Internet genutzt. Hier sind also in besonderem Maße Programme wie die Medienmentoren vonnöten.

Stand: Juni 2023

Weiterführende Informationen

Über den Autor

Björn Springorum ist freier Journalist und Schriftsteller. Er schreibt u.a. für die Stuttgarter Zeitung, den Tagesspiegel und konzipiert Comic-Geschichten für “Die drei ???". Als Schriftsteller hat er bislang fünf Kinder- und Jugendbücher verfasst. Zuletzt erschienen: “Kinder des Windes" (2020), Thienemann Verlag. Er lebt in Stuttgart.