Online-Werbung: Kinder sensibel machen

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Online-Werbung: Kinder sensibel machen

Online-Werbung

Junge Influencerin vor der Kamera probiert ihr Kleidung an.
Online-Werbung Professionelle Blogger veröffentlichen Bilder von sich mit dem zu bewerbenden Produkt auf Instagram unter der Vortäuschung, ein spontanes Bild aus ihrem Alltag zu teilen.

Neue Online-Werbestrategien – Oder warum das Internet voll von Schnorchel-Sportlern ist

Werbung begegnet Kindern und Jugendlichen wie Erwachsenen überall im Alltag. Sie wird von Erwachsenen häufig weggezappt oder überlesen. Bei Kindern sieht das meist anders aus. Vor allem auch deshalb, weil Werbung inzwischen kaum noch eindeutig erkennbar ist. Professor Dr. Boris Alexander Kühnle, Studiendekan Medienwirtschaft an der Hochschule der Medien in Stuttgart, erläuterte beim Referententreffen des Landesmedienzentrums Baden-Württemberg (LMZ) seine Erkenntnisse über neue Online-Werbestrategien vom ökonomischen Standpunkt aus.

Der Großteil der Medien verfolgt kommerzielle Interessen und handelt gewinnorientiert. Da die Bereitschaft der Nutzer/-innen für Medieninhalte zu zahlen jedoch gering ist, finanzieren sich die meisten Medien über Werbung. Das Wochenmagazin „stern“ beispielsweise machte im Jahr 2015 einen Umsatz von fast 154 Millionen Euro mit Werbeanzeigen. Werbung lebt jedoch von der Aufmerksamkeit ihrer Zielgruppen. Junge Menschen nutzen zunehmend das Internet als primäres Medium und wenden sich von klassischen Medien ab. Dem folgt auch die Werbeindustrie. Zum Vergleich: Facebook verdient in einem Quartal über 3 Milliarden Dollar allein über Werbeeinnahmen.

Werbung unter der Wasseroberfläche

Wer glaubt, genauso eindeutige Werbeanzeigen, wie man sie aus der Zeitung kennt, auch im Internet zu finden, liegt falsch. Zum einen muss aus Sicht der Werbetreibenden gewährleistet werden, dass die Nutzer die Werbung nicht einfach ausblenden. Zum anderen muss sich die Werbung den kleinen Smartphone-Bildschirmen und dem somit geringen Spielraum für die Platzierung ihrer Inhalte anpassen. Professor Kühnle hob vor allem drei neue Werbestrategien hervor: Native Advertising, Branded Content und Influencer Marketing.

Als Native Advertising bezeichnet man Werbung, die im Umfeld redaktioneller Beiträge platziert wird und auch in der Darstellungsweise nicht von diesen zu unterscheiden ist. Branded Content entsteht überall dort, wo Unternehmen ihre Werbung zunehmend selbst in die Hand nehmen und auf emotionaler Ebene ihre Zielgruppe von sich begeistern. Dazu gehören Sponsoring-Aktionen, wie der Fallschirm-Sprung durch die Stratosphäre von RedBull, aber auch Webseiten oder Slideshows, die interessante Artikel mit inhaltlichem Bezug zum Produkt veröffentlichen. Großen Einfluss hat auch das Influencer Marketing, welches seinen Namen daher hat, dass Personen mit großer Reichweite ihre Fans durch (meist nicht gekennzeichnete) Werbung beeinflussen. Solche Multiplikatoren veröffentlichen beispielsweise Bilder von sich mit dem zu bewerbenden Produkt auf Instagram unter der Vortäuschung, ein spontanes Bild aus ihrem Alltag zu teilen.

Was diese drei Konzepte gemeinsam haben ist, dass sie werben, ohne dass man sie auf den ersten Blick als Werbung erkennt. Sie tarnen sich unter dem Vorwand, ein Artikel auf dem Onlineauftritt einer Zeitung, ein kreatives Projekt oder ein Foto von einer Alltagssituation einer Freundin zu sein. Der Slogan der Marketing-Experten scheint heute zu sein: „Die beste Werbung ist die, die nicht als solche erkennbar ist.“ Professor Dr. Kühnle bezeichnet neue Online-Werbestrategien daher auch als Schnorchel-Sport.

Werbekompetenz fördern

Damit Kinder und Jugendliche die Schnorchel über der Wasseroberfläche wahrnehmen, gilt es ihren Blick zu schulen. Oder anders gesagt: Es ist notwendig, ihre Werbekompetenz zu fördern, damit sie neben den offensichtlichen auch die versteckten Werbungen von tatsächlichen Inhalten einer Webseite unterscheiden können. Neben den auffälligen und explizit gekennzeichneten Werbeformaten, wie es Banner oder Pop-ups sein können, ist es wichtig, auch indirekte Werbehinweise wie Signalwörter, Platzierung der Werbung und grafische Komponenten von Werbeanzeigen erkennen zu können. Die zentralen Fragen, deren Beantwortung zu einem reflektierten Umgang mit Online-Werbung führen lauten daher: Was ist Werbung, wie begegnet sie uns im Internet und wie unterschiedet sich Werbung von anderen Inhalten?

Text: Nora Brockamp