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Gamen, Chatten, Musikhören – warum Discord so beliebt bei Heranwachsenden ist
Discord ist bei Jugendlichen, vor allem den Computerspiel-Begeisterten, eine sehr beliebte Chat-Plattform. Leider hat Discords offenes Konzept für viele Negativ-Schlagzeilen gesorgt. Was sollten Eltern wissen, wenn ihre Kinder sich für Discord interessieren?
Seit World of Warcraft 2005 auf den Markt ging, wissen und fürchten Eltern, dass ihre Kinder in sogenannten Online-Games rund um die Welt vernetzt miteinander kommunizieren. Theoretisch kann Ihr 11-jähriger Sohn mit einer 56-jährigen Südkoreanerin oder mit Montana Black zusammen im selben Team bei Fortnite Battle Royale spielen. Grundlage für viele Online-Spiele ist ein gemeinsamer Voice-Chat, in dem sich die Team-Mitglieder absprechen können.
Discord kam 2015 auf den Markt, weil bereits existierende Voice-Chats wie Teamspeak oder Mumble noch deutlich Verbesserungspotenzial in Sachen Benutzerfreundlichkeit und Leistung boten. Seit seiner Einführung entwickelte sich Discord zu der meistgenutzten Plattform, auf der Spielerinnen und Spieler gleichzeitig spielen und chatten. Die Funktionen von Discord wurden konstant erweitert und bestehen – Stand 2022 – aus Textchats, Gruppenchats, Audio-Chats, Video-Chats, Teilen von Bildschirm und Anwendungen sowie Direktnachrichten. Discord ist in der umfangreichen Basis-Version kostenlos und läuft auf PC, Tablet oder Smartphone per App.
Doch wie sieht das Geschäftsmodell von Discord aus? Einnahmen erzielt die Plattform durch Abo-Modelle und möglicherweise durch das Bereitstellen von Nutzerdaten. Für 10 Euro im Monat können Discord-Userinnen und User ihr Profil individueller anpassen (mit einem eigenen Hintergrundbild und Profilbeschreibung), in Full-HD live gehen, längere Nachrichten (bis 4.000 Zeichen) schicken, spezielle Sticker und Emojis nutzen, größere Dateien hochladen oder weitere Server-Funktionen freischalten („Boosts“).
Die vielseitigen Funktionen haben nicht nur die Gamer-Community angelockt. Als Alternative zu konventionellen Messenger-Apps treffen sich Heranwachsande auf Discord zum gemeinsamen Musikhören, Partymachen, Lernen oder zum Austausch über bestimmte Hobbys.
In Deutschland ist Discord nur bei einem Teil der Jugendlichen bekannt: Nur 15 Prozent der 12- bis 19-Jährigen nutzen Discord täglich oder mehrmals pro Woche. Bei Gamerinnen und Gamern steigt der Anteil: 30 Prozent aller Jugendlichen, die täglich digitale Spiele spielen, nutzen Discord regelmäßig. Insgesamt meldete Discord 2021 monatlich 150 Millionen aktive Nutzer weltweit.
- 1Wie funktioniert Discord?
- 2Was ist so besonders an Discord?
- 3Ab welchem Alter ist Discord erlaubt?
- 4Welche Risiken gehen von Discord aus?
- 5Was können Eltern tun?
Wie funktioniert Discord?
Der Startbildschirm von Discord erinnert fern an WhatsApp und bekannte Messenger-Anwendungen. Hier sieht man seine Freunde, Chat-Verläufe, Direktnachrichten und Server. Als Server kann man sich geschlossene Gruppen vorstellen, die zu unzähligen Spielen und Themen angeboten werden. Der Hauptvorteil bei Discord: Jeder kann eigenständig per Knopfdruck einen eigenen Server (sozusagen eine eigene Gruppe) anlegen. Dazu muss man nur eine Vorlage für den Server auswählen (z. B. Schulgruppe, Lerngruppe, Gaming oder Freunde), für den Server einen Namen und ein Profilbild anlegen und schon ist der Server aktiv.
Darüber hinaus können Userinnen und User auf Discord einen von unzähligen bereits vorhandenen Servern beitreten. Über die Suche gelangt man über Rubriken wie Gaming, Musik oder Bildung zu Servern wie „Among Us – Deutsch“, „Nachhilfe“ oder „Paulanergarten“. Zu manchen Servern erhält man nur Zutritt über einen Einladungslink.
Was ist so besonders an Discord?
Wie bereits beschrieben besteht der große Vorteil von Discord darin, dass jeder per Knopfdruck einen eigenen Server bzw. Gruppe anlegen kann. Für jeden Server lassen sich Kanäle anlegen, die man sich wie Unterforen vorstellen muss. Ein Beispiel: Julia, 16, möchte mit den Jugendlichen aus ihrer Kleinstadt eine eigene Fortnite-Community bilden. Dafür legt sie den Server „Fortnite_Hintertupfing“ an. Zur Übersichtlichkeit legt sie die Kanäle „Chat“, „Börse“, „Off-Topic“ und „Gaming“ an. Textkanäle sind mit einem #-Symbol markiert und funktionieren wie Gruppenchats, in denen man öffentlich Chat-Nachrichten schreiben und kommentieren kann. Darüber hinaus existieren Sprachkanäle, auf denen Mitglieder wie bei WhatsApp oder Zoom ihr Live-Audio und -Video teilen können.
Um auf den Servern für Übersichtlichkeit und Ordnung zu sorgen, können für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer bestimmte Rechte und Rollen festgelegt werden. Rollen können nach eigenem Belieben definiert werden, z. B. „Admin“, „Moderator“, „Mitglieder“ oder „VIP“. Für jede Rolle können Rechte vergeben werden, z. B. für „Moderatoren“ die Rechte, andere Nutzer vom Server zu verbannen, komplett zu sperren oder Nachrichten zu löschen. Die Server bieten darüber hinaus unzählige Einstellungen an: So kann unter „Moderation“ definiert werden, ob einzelne Nachrichten nach Spam und Beleidigungen gefiltert werden und wie oft pro Stunde gepostet werden kann, um die Chats vor Spam zu schützen.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal von Discord: Man kann bereits bestehende Plattformen wie Twitch, Spotify oder Spiele, die bereits auf einem PC installiert sind, mit Discord verlinken und anzeigen lassen. Andere Spielerinnen und Spieler können dann sehen, welches Spiel man gerade spielt, welche Musik man auf Spotify hört oder ob man gerade auf Twitch streamt. (Bei Twitch handelt es sich um eine Streaming-Plattform, auf der man sein eigenes Spielgeschehen per Live-Video mit anderen teilen kann.)
Ab welchem Alter ist Discord erlaubt?
Discord ist in Deutschland gemäß AGB erst ab 16 Jahren erlaubt. Bei der Anmeldung wird über ein Eingabefeld das Geburtsdatum abgefragt. Zusätzlich muss bei der Anmeldung eine E-Mail-Adresse hinterlegt werden. Es kann passieren, dass eine gültige Handnummer angegeben werden muss, um die Authentizität der Anmeldung zu überprüfen. Aufgrund nicht-jugendfreier Inhalte wurde Discord im Google Play Store mit einer USK-Alterseinstufung ab 18 Jahren versehen. Für den iTunes-Store gilt die Einstufung „17+“.
Nicht-jugendfreie Inhalte, werden aber auf Discord nur zugänglich gemacht, wenn aus dem eingegebenen Alter hervorgeht, dass die Volljährigkeit erreicht wurde. Heranwachsende, die beim Alter schwindeln, laufen Risiko gesperrt zu werden: Mittlerweile deaktiviert Discord solche Accounts, bei denen der Verdacht vorliegt, dass es sich um Minderjährige handelt.
Welche Risiken gehen von Discord aus?
Wie bei WhatsApp, Instagram oder Snapchat besteht auch bei Discord die Gefahr, dass Heranwachsende einen Account anlegen, ohne dass es die Eltern mitbekommen. Discord kann sogar im Browser benutzt werden, ohne einen Account zu erstellen – vorausgesetzt, jemand stellt einen Einladungslink zur Verfügung. Nach Ausfüllen des Geburtstages, welcher nicht verifiziert wird, ist jedermann und -frau drin. Theoretisch können Heranwachsende unter Angabe falscher Geburtsdaten auf einen Discord-Server zugreifen. Wie oben beschrieben, ahndet Discord das Fälschen des Geburtstages mit Sperrungen.
Da sich Discord vor allem an Erwachsene richtet, sind keine besonderen Eltern-Einstellungen – wie bei TikTok oder Instagram – vorhanden. Eltern müssen ihren Kindern vertrauen, dass sie verantwortlich mit Discord umgehen.
Der Datenschutz von Discord kann gelinde als mangelhaft beschrieben werden, da er nicht den deutschen Datenschutzanforderungen – die in der Datenschutzgrundverordnung zusammengefasst sind – entspricht. Daten werden angeblich nicht an Dritte verkauft. In Discords Nutzungsbedingungen steht aber, dass Dritten die Nutzerdaten zur Verfügung gestellt werden, ohne das ersichtlich ist, wozu. Die Mozilla Foundation schreibt dazu: „Uns beunruhigt allerdings, dass die Datenschutzrichtlinie in Bezug darauf sehr vage formuliert ist.“ Darüber hinaus verwendet Discord für seine Chats keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, welche zum Beispiel bei Signal, Threema und WhatsApp angeboten werden.
In der Vergangenheit wurde Discord dafür berühmt-berüchtigt, dass über dessen Kanäle extremistische oder nicht-jugendfreie Inhalte verbreitet wurden. Berichtet wurde von Salafisten-Gruppen, Neonazi-Gruppen, aber auch Kanälen mit pornografischen Inhalten. Mittlerweile geht Discord strenger gegen solche Gruppen vor. Anfang 2021 wurden über 2.000 solcher Gruppen gesperrt. Das Problem ist damit aber nicht gebannt: Von 2020 bis 2021 stiegen auf Discord die Meldungen wegen Verstößen gegen die Community-Richtlinien von 30.000 monatlich auf 80.000 monatlich an.
Was können Eltern tun?
Kinder, die regelmäßig Fortnite, Roblox oder andere Online-Games zocken, sind wahrscheinlich schon auf Discord gestoßen. Viele ihrer Vorbilder, erfahrene Gamerinnen und Gamer mit eigenem YouTube- oder Twitch-Kanal sind bereits auf Discord unterwegs und scharen dort ihre Community. Die Versuchung, dass sich Kinder mit einem falschen Geburtsdatum einen Discord-Account anlegen, ist natürlich groß. Grundsätzlich sollten sich Eltern überlegen, ob ihr Kind eigenständig Programme PC, Smartphone oder Spielekonsole installieren darf. Falls nein, sollten die entsprechenden Sperrungen und Admin-Funktionen aktiviert werden. Mehr dazu unter www.medien-kindersicher.de.
Eltern, die regelmäßig mit ihren Kindern über ihre Game- und Online-Aktivitäten sprechen UND gut zuhören, werden spitzkriegen, ob Discord dem Nachwuchs ein Begriff ist. Nun gilt abzuwägen, ob das Kind die nötige Reife hat, um mit potenziellen Fremden auf Discord umzugehen. Als Metapher: Würden Sie Ihre Teenager-Tochter allein auf ein Open-Air-Konzert gehen lassen?
Wenn Sie Ihrem Kind den Umgang mit Discord erlauben sollten, gilt es, oben genannte Risiken zu thematisieren und Gesprächsbereitschaft anzubieten – für den Fall, dass etwas schiefgeht. Hier eine Reihe von Einstellungen, die die Nutzung von Discord sicherer machen kann:
- Privatsphäre-Einstellungen einschränken, damit keine Daten an Dritte weitergegeben werden („Daten verwenden, um Discord zu verbessern“).
- Zwei-Faktor-Autorisierung aktivieren, damit der Account nicht so einfach gehackt werden kann.
- Filterung von Nachrichten auf anstößige Inhalte aktiveren (unter Privatsphäre-Einstellungen „Meine Freunde sind nett“ oder „Die Welt ist böse“).
- Bei „Wer kann dich als Freund hinzufügen?“ auf „Jeder“ verzichten.
- Einstellen, welche Spiele und Aktivitäten (Spotify, Twitch) im Profil öffentlich gemacht werden sollen.
Hinweis: Diese Tipps sollen keine Empfehlung dafür sein, dass Heranwachsenden trotz Altersbeschränkung bestimmte Tools, wie Discord nutzen dürfen. Hinsichtlich der Tatsache, dass Eltern ihre Kinder trotz Altersbeschränkungen auch Instagram, WhatsApp oder Snapchat nutzen lassen – welche im Alter „zwischen 13 und 16 Jahren […] die Zustimmung der Eltern“ benötigen – sollten sich Eltern zumindest über deren Risiken und erzieherischen Implikationen informieren.
Stand: Februar 2022
Weiterführende Informationen
Link-Tipps
Was Eltern über Discord wissen müssen
mimikama.at
Ratgeber: Was Eltern über Discord wissen müssen
saferinternet.at
Discord in der Kinder- und Jugendarbeit
spieleratgeber-nrw.de
Discord in der Kinder- und Jugendarbeit (PDF)
Fachstelle für Jugendmedienkultur NRW
Was ist Discord?
klicksafe.de
App Test: Discord
handysektor.de
Wie funktioniert Discord? (Das Große Tutorial) 2021
YouTube-Kanal: Simon
How To: Sicherheitseinstellungen bei Discord
YouTube-Kanal: Jugendhilfe-Navi