BeReal: nur ein Hype oder das bessere Instagram?

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BeReal: nur ein Hype oder das bessere Instagram?

BeReal: nur ein Hype oder das bessere Instagram?

#nofilter BeReal will Schluss machen mit bearbeiteten Selfies und gestellten Fotos (Bild: Cristina Zaragoza, Unsplash)

Seit Frühjahr 2022 häufen sich Berichte über einen neuen Stern am App-Himmel: BeReal. Diese App will Schluss machen mit bearbeiteten Selfies und gestellten Fotos. Doch ist BeReal wirklich für Jugendliche geeignet und wird die App überhaupt das erste Jahr überleben?

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    Was unterscheidet BeReal von Instagram?
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    Ab welchem Alter dürfen Heranwachsende BeReal nutzen?
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    Welche Risiken hat BeReal für Heranwachsende?
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    Ist BeReal nur eine Eintagsfliege?
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    Was können Eltern tun?

Was unterscheidet BeReal von Instagram?

Bei BeReal können, wie bei allen sozialen Netzwerken Fotos geteilt werden. Durch ein ausgetüfteltes System sollen die Fotos aber so „echt“ wie möglich sein. BeReal fordert seine Userinnen und User jeden Tag zu einem zufälligen Zeitpunkt auf, ein Foto zu machen. Das Foto muss innerhalb von zwei Minuten nach der Aufforderung gemacht werden – und zwar mit der BeReal-App. Beauty-Filter, Photoshop-Orgien oder aufwendiges In-Szene-Setzen wird dadurch der Riegel vorgeschoben. Alle Fotos bekommen ein Verfallsdatum: Nach 24 Stunden werden die geteilten Bilder für Freunde bzw. Follower unsichtbar.

Auch eine Chat-Funktion fehlt. Statt Herzen und Likes können Freunde mit einem „Realmoji“ antworten. Dabei handelt es sich um ein Selfie des Gesichtsausdrucks, welches wie ein Emoji eine visuelle Reaktion beinhaltet.

Ab welchem Alter dürfen Heranwachsende BeReal nutzen?

BeReal ist erst ab 13 und ohne Erlaubnis der Eltern erst ab 18 Jahren erlaubt: So steht es in den „Terms of Use“ von BeReal.

Welche Risiken hat BeReal für Heranwachsende?

Wie bei jeder App für Erwachsene hat auch BeReal ein paar potenzielle Risiken.

  • Datenschutz: Wie viele andere soziale Netzwerke fragt auch BeReal eine Menge relevanter personenbezogener Daten ab. Darüber hinaus setzt die App, so wie Instagram oder TikTok auch, auf dem Smartphone Cookies.
  • Nutzung der Standortdaten: Die auf BeReal hochgeladenen Fotos werden mit Standortdaten versehen. So können Freunde nachschauen, wo das letzte Foto aufgenommen wurde. Das ungewünschte Mitteilen des Standortes kann für Stalker oder Einbrecher ein gefundenes Fressen sein. Besser: Die Standort-Funktion abschalten.
  • Gefahr exzessiver Nutzung: Der Elternratgeber SCHAU HIN schreibt: „Die Funktionsweise von BeReal kann so bei den jungen NutzerInnen den Wunsch stärken, immer erreichbar zu sein und das Smartphone nicht aus den Augen zu lassen.“
  • Mobbing: Wer spontan ein Foto schießen muss, läuft Gefahr, dass Aufnahmen peinliche oder private Details verraten – für pubertierende Jugendliche ein gefundenes Fressen. Per Screenshot können BeReal-Fotos ungewollt von Dritten „geklaut“ werden und z. B. in den Klassenchat gestellt werden.
  • Verletzung der Persönlichkeitsrechte von Dritten: Mit BeReal lassen sich Fotos von Freunden oder Verwandten anfertigen und hochladen. Dies ist rechtlich problematisch, wenn es gegen den Willen oder ohne Wissen des Dritten geschieht.

Ist BeReal nur eine Eintagsfliege?

Viele User/-innen sind mittlerweile von der vielen Werbung auf Instagram und seinem Algorithmus genervt. Eine deutlich entschleunigte Variante in Form von BeReal kann da verlockend sein. Der Wunsch nach mehr Authentizität und ungestellter Realität sowie einer deutlich kürzeren Nutzungsdauer kommt BeReal zugute.

Ob BeReal „ähnlich wie Clubhouse oder Vero nach einer kurzen Hype-Phase wieder in Vergessenheit gerät, wird die Zeit zeigen“ so die Redaktion von giga.de. Zum einen wird BeReal von der großen Konkurrenz bedroht: Internetgiganten wie Meta oder Bytedance kupfern Funktionen von anderen Apps einfach ab – getreu dem Motto „besser gut geklaut, als schlecht neu entworfen“. Aber auch die Sprunghaftigkeit der Social-Media-User, die ständig nach neuen Funktionen haschen, kann zu einem schnellen Verpuffen des BeReal-Hypes führen.

Was können Eltern tun?

Gut zuhören

Eltern, die ihren Kindern gut zuhören, verstehen auch, was in deren Medien-Welt vor sich geht. Leider schalten Eltern gerne ab, wenn sie das Gefühl beschleicht, die Jugendworte nicht zu verstehen. Wie bei einer Fremdsprache baut sich der Wortschatz aber dadurch auf, bewusst zuzuhören. Die Chance, auch Probleme oder kritische Mediennutzung zu erkennen, steigt mit dem aktiven Zuhören.

Gemeinsam soziale Medien erschließen

Eltern sollten wissen, auf welchen Plattformen ihre Kinder unterwegs sind und auch an welchen Gruppen sie teilnehmen. Hilfreich ist, wenn sich Eltern die Funktionen von Social Media, wie Emojis, Stickern, Bots, erklären lassen. Das ist für Erwachsene sehr lehrreich und Kinder werden sich wiederum wertgeschätzt fühlen, wenn das Interesse ernst gemeint ist.

Risiken thematisieren und Lösungen anbieten

Zuerst müssen Kinder für oben genannte Risiken sensibilisiert werden und ihnen gleichzeitig auch Lösungsvorschläge vermittelt werden: Welche Fotos sollten lieber nicht auf BeReal geteilt werden? Was mache ich, wenn BeReal von mir zu einer unpassenden Zeit in Foto verlangt? Was macht BeReal mit den ganzen Fotos und warum ist Datenschutz so wichtig? Warum ist das Teilen von Standortdaten zu vermeiden? Und wie kann man die Funktion ausschalten?

Regeln gemeinsam vereinbaren und aufschreiben

Um den Umgang mit BeReal oder Instagram zu regeln, bietet sich die Vorlage des Mediennutzungsvertrags an. Das schriftliche Festhalten verhindert im Nachhinein sinnlose Diskussionen, die mit „Du hast aber gesagt, dass …“ beginnen. Dies soll nicht zum schriftlichen Knebel verkommen, sondern eine Grundlage zum Dialog bzw. zum gemeinschaftlichen Aushandeln der Regeln bieten. Diese Maßnahme kann auch helfen, dass Kinder aufmerksamer über den Sinn und Zweck der Bestimmungen nachdenken und gegebenenfalls konstruktiv mitbestimmen.

Vorbild bei der Mediennutzung

Eltern, die selbst eine intensive Mediennutzung vorweisen, tun sich schwerer damit, Regeln der Mediennutzung durchzusetzen oder die Mediennutzung des Nachwuchses im Auge zu behalten. Zum einen versperrt die eigene Mediennutzung den Blick auf die Aktivitäten der Kinder. Zum anderen lassen sich schwerlich Regeln durchsetzen, an die sich Eltern selbst nicht halten. Wenn Eltern bei der eigenen Mediennutzung reflektiert und souverän agieren, profitieren vor allem die Kinder davon: Weil sie wieder Zugang zu ihren Eltern bekommen und Platz für die nötigen Bindungserfahrungen entsteht.

Stand: Juli 2022

Weiterführende Informationen

Über den Autor

Christian Reinhold ist seit über 10 Jahren Redakteur der Initiative Kindermedienland. Privat fotografiert er leidenschaftlich gern und spielt Gitarre.